Angebote von einer unbekannten Nummer per Whatsapp gehören eigentlich in die Tonne, doch bei dem Hildesheimer Wasserballer Fynn Schütze passierte genau das Gegenteil. Kein Wunder. Denn der Absender war Joaquim Colet, Trainer bei CN Sabadell in Barcelona, der Nummer zwei im spanischen Wasserball. Er wollte den Linkshänder, warum auch immer. „Wir waren uns noch nie begegnet, er kannte mich nur von Spielen am Bildschirm“, sagt der Zwei-Meter-Mann, der im Hellas-1899 groß geworden ist und seit fünf Jahren für Waspo 98 Hannover in der Bundesliga spielt. Und er wusste sofort, das will ich machen, auch wenn es – wie im Wasserball üblich – nicht viel zu verdienen gibt.
Die persönliche Entwicklung und die sportliche Herausforderung reizen Fynn Schütze, der am Sonntag abhebt. Um 14 Uhr bringt ihn Flug VY1891 nach Barcelona. „Da war ich schon ein paar Mal zu Spielen und Trainingslagern“, erzählt der 24-jährige Hellene, doch die Sabadell-Anlage kennt er nicht. „Was ich im Internet gesehen habe, ist das ein Riesenverein und alles sehr professionell.“ Aber nicht nur das Schwimmbad wird neu für ihn sein, sondern auch die Anforderungen im Becken. Spanien ist bekannt für sein extrem schnelles und agiles Spiel, ist eine der Top-Nationen im Wasserball, gewann erst im Mai den Weltcup und holte Bronze bei der Weltmeisterschaft. Von beidem ist Deutschland meilenweit entfernt.
Fynn Schütze bringt einiges mit, ist national gesehen der erfolgreichste Wasserballer Hildesheims: drei Deutsche Meisterschaften, drei Pokalsiege und drei Supercup-Titel stehen in seiner Vita, dazu kommen Dutzende Einsätze im Nationalteam. Wieviel es genau sind, weiß er nicht. „Ich bin seit 2018 dabei.“ Doch in Barcelona geht es bei Null los. In seinem Team sind vier spanische Nationalspieler, nach seinen Worten alles nette Jungs. Er lernte sie und auch Trainer Colet kürzlich persönlich beim Weltcup in Los Angeles kennen.
Der Beste von ihnen, Blai Mallarach, ist ebenfalls Linkshänder. Ob das ein Nachteil beim Kampf um die Stammplätze ist, wird sich zeigen. „Manche Trainer spielen gerne mit zwei Linkshändern, das kommt sicher auch auf die Gegner an“, vermutet Fynn Schütze, der trotz all seiner Erfahrung ein wenig nervös ist. Immerhin: Ein paar Fakten kennt er schon. Er zieht mit zwei spanischen Wasserballern zusammen in eine WG, morgens wird drei Stunden trainiert, abends zwei. „Das ist alles noch ein bisschen härter als hier.“
Um ganz nach oben zu kommen, ist der Aufwand nötig. Sabadell ist in der Champions-League schon für die Gruppenphase gesetzt, trifft auf Belgrad, Bukarest und vermutlich Brescia, die Nummer zwei aus Italien. „Das Weiterkommen wird sehr schwer“, meint Fynn Schütze, der sich auf die Heimspiele freut. „Das ist immer die Hütte voll“, konnte er in den sozialen Medien beobachten. 1.000 Leute oder mehr dürften es sein, die das Team in der Wasserball-Arena nach vorne brüllen. Vor allem auf das Derby gegen den Topklub CN Barceloneta ist er gespannt. „Da ist der Teufel los.“ Den großen Nachbarn zu schlagen und der Einzug in das Champions-League-Finale sind die großen Ziele, die der Hildesheimer ab der kommenden Woche verfolgt.
Zu den kleinen Zielen zählt der Sprach-Kurs, den er zusammen mit den übrigen Ausländern belegt. Zwei Montenegriner und ein Niederländer gehören noch zum Kader. Vorerst läuft alles in Englisch, denn bisher spricht Fynn Schütze kein Wort Spanisch. Ob sich das überhaupt lohnt? Für ein Jahr hat er sich verpflichtet, was danach kommt, wird sich ergeben. Vielleicht hängt er noch eine Saison dran, allerdings will der junge Mann irgendwann auch noch Medizin studieren. Das ist erstmal aufgeschoben und Zukunftsmusik. Auf Fynn Schütze, der durch seinen Sport schon an so vielen Orten in der Welt war, wartet das Wasserball-Abenteuer seines Lebens. Adios Hannover und Hildesheim. Hola Barcelona.