Er war einer der Hingucker beim diesjährigen Schützenumzug. Der U18-Bundesligawasserballer Max
Becker marschierte beim Hildesheimer Schwimmclub Hellas-1899 vorne weg – für tausende Schaulustige sichtbar in Badehose und von oben bis unten angemalt in den rot-gelben Vereinsfarben. Eine Galionsfigur, die im doppelten Sinne das 125-jährige Bestehen markiert. Einerseits verkörperte der Torjäger die Tradition, andererseits die Jugend, auf die der Einspartenverein seine Hoffnungen setzt, um zu überleben und in 25 Jahren das nächste Jubiläum feiern zu können.

„Wir sind eine tolle familiäre Gemeinschaft“, fasst Vorsitzender Jan Heinemann das Gefühl und die Philosophie zusammen. Der Klub, der im Freibad an der Johanniswiese zuhause ist, hat seinen Fokus seit gut 40 Jahren auf den leistungsorientierten Wasserballsport gelegt. Jan Heinemann hat alles selbst erlebt, war Jugendnationalspieler und in der Wasserball-Bundesliga aktiv. Er ist seit acht Jahren im Amt, „weil ich dem Verein etwas für die tollen Erfahrungen zurückgeben möchte, die ich durch den Hellas-1899 in einer Jugend gewinnen durfte“.

Von seiner Sorte ist eine ganze Mannschaft nötig, um die Anforderungen zu erfüllen, die gesellschaftlich heutzutage auf einen Klub einprasseln – egal ob er ein paar tausend Mitglieder oder 287 hat. So viele sind es aktuell beim Hellas-99, dem in den besten Jahren mehr als 3.000 Frauen und Männer angehörten, allerdings vor der Fusion. Der 1899 gegründete Hildesheimer Schwimmverein und der 1919 gegründete SSK Hellas hatten schon in den 60er Jahren mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen. Sie schlossen sich 1969 zusammen, die Entwicklung hielt das nicht auf.
Die Liste der Erfolge ist lang. Wenn Jan Heinemann durch die Chronik stöbert, nennt er im Schwimmen als Höhepunkte die olympische Bronzemedaille Lotti Mühes 1928 und die Vizeweltmeisterschaft, die Ulrich Temps mit der deutschen Freistil-Staffel 1978 holte. Im Wasserball sind es für ihn vor allem die vielen Medaillen in der Jugend, unter ihnen ragen „die deutschen Meistertitel der A-Jugend 1983, 1992 und 2010“ heraus. Aber der Verein spielte auch bei den Herren lange Zeit erstklassig, gehörte zwischen 1987 und 2008 insgesamt zehn Jahre der Bundesliga an, stellte 1989 mit dem heute noch aktiven Dirk Schütze sogar einen Europameister. Es war der letzte große Wasserballtitel für Deutschland, das sich schwertut, in einer der ältesten olympischen Mannschaftssportarten wieder Anschluss zu finden an die Spitze. Dirk Schütze ist auch eines der Verbindungsglieder zwischen der Vergangenheit und der Zukunft. Er trainiert den U18-Bundesliga-Kader der Hildesheimer, der ein gutes Jahr hinter sich hat. Es reicht für die Jungs zwar nicht für ganz oben, aber im Norden ist der Hellas-99 in der Jugend die Nummer zwei hinter den White Sharks Hannover, die seit 15 Jahren unangefochten in Niedersachsen auf dem Thron sitzen und durch die guten Trainingsmöglichkeiten im Schwimmleistungszentrum am Maschsee die Talente aus allen Teilen des Landes anziehen. „Da können wir nicht mithalten, aber unsere Arbeit kann sich trotzdem sehen lassen“, betont Jan Heinemann.
Um Wasserball bekannt zu machen und Kinder für den Sport zu begeistern, ist der Hellas-99 unter anderem fester Bestandteil im Olympiacamp oder organisiert seit fast zehn Jahren das Turnier um den
Grundschul-Cup. Die Suche nach motiviertem und talentierten Nachwuchs wird allerdings von Jahr zu Jahr schwieriger, findet der Vorsitzende. Zwar erleichtern soziale Medien die interne und externe Kommunikation, aber sie steigern die Gefahr der digitalen Ablenkung. Vor allem mit Blick auf den Zeitaufwand, der nötig ist, um einen vielseitigen Sport wie Wasserball zu lernen und leistungsorientiert
spielen zu können. „Teamgeist, Freundschaften und  gemeinsame Erfolge“ setzt der Hellas-99 dagegen, um die Jugendlichen nachhaltig zu integrieren und vielleicht eines Tages auch für ehrenamtliche Arbeit
zu begeistern.

Ein Beispiel für diesen Einsatz ist die neue Freundschaft mit dem französischen Wasserballklub AMWP
Montgeron. Letztes Jahr weilten Hildesheimer Jugendliche in dem Pariser Vorort, in diesem Sommer
kamen die Franzosen zum Gegenbesuch nach Deutschland. Die Begeisterung auf beiden Seiten war so
groß, dass Chef-Organisator Marian Hans schon Pläne für 2025 und 2026 hat. „Solche Begegnungen und
Freundschaften sind nicht zu kaufen, die muss man selbst erarbeiten“, freut sich Jan Heinemann über
die vorbildlichen Hilfe aus der Elternschaft. Momente wie diese sind zwar flüchtig, aber immerhin sind
aus ihnen schon 125 Jahre Vereinsleben entstanden. Jan Heinemann weiß, wie anstrengend die Arbeit
sein kann, er ist aber zuversichtlich, dass der Hellas-99 mit diesem Einsatz 2049 dann den 150.
Geburtstag feiern kann.

EXTRA:
Jubiläumsfest am 24. August
Der HSC Hellas-1899 will sein 125-jähriges Bestehen öffentlich feiern. Er lädt für Samstag, 24. August, ab
14.30 Uhr ins Freibad an der Johanniswiese zum Familienfest ein. Wer möchte, kann ab 15.30 Uhr im
Schwimmerbecken sein Wasserball-Diplom machen, allerdings ist dafür der Eintrittspreis in die Jowiese
zu entrichten. Um 17 Uhr dürfen sich Mitglieder und Gäste auf eine Show mit Wasserballett und
Synchronschwimmen freuen. Gegen 18.30 Uhr beginnt die Jubiläumslounge vor den Klubhäusern.